6. Würzburg, 24. 7. 1735


Ihro Gnaden
Hoch- und Wohlgebohrner Reichs Graff

Gnädiger herr herr Vater.

1Euer Gnaden schreiben von 14.ten des lauffenden Monats habe ich in
aller Vnterthänigkeit erhalten, und mit grossen freuden Euer
Gnaden
beyderseitiges wohlseyn darauß ersehen, wie auch selbes Meiner
geschwestert
. Für das mir gnädig passirte Kleid wie auch der Reise er-
statte ich Euer Gnaden die hände Küssend allen nochmahligen danck.
die Wirtschaft wird auf das höchste getriben werden, wie dan auch
in denen Rechnungen neben dem gnädig erlaubten, und ohnedisen
nothwendigen dingen wenig anders wird zu finden seyn. Übrigens
betaure ich herzlich, das ich das Unglück gehabt habe, das Meine Reise eben
in jene zeiten eingetroffen ist, wo so Ville Ausgaben, und anlagen
zu machen seynd, und es Ihro Gnaden mithin schwehr fällt solche
zu bestreitten, werde doch möglichsten fleiß anwenden, dises alles mit
Meinem wohlverhalten widerumen abdienen zu Können. die an-
kunfft des fürsten, und die darauf erfolgten Ceremonien des festtags des



H. Kiliani schuz, und lands Patron deren Francken ist eine Neue-
keit, so man von Würzburg zu berichten in stand ist, der einzug
in die dom Kirche geschahe mit mf 15 mit 6 pferden bespanten hoffwägen
worin die hoffcavaliers sassen, bey dem fürsten aber sasse dessen Neffen
der junge graff Schönborn, und der obriststallmeister, den anfang und
dem schlusß machte die hussaren garde, an der Kirchthür wurde er Von
denen domherrn empfangen, mit voraus des schwerds V Von den ober-
Marschall, nach seiner ankunft hielte Er mit den hochwürdigsten gut die
Procession durch einen kleinen Theil der Stadt, und stimte als dan das hoch-
amt unter einer Trefflichen Musique an, nach welchen Er in Voriger
ordnung nach haus zoge, unter den Ein, und anheim zug sowohl, alß
unter der procession Paradirten nebst der burgerschafft, alß ein Dragoner,
ein infanterie, und ein regulirtes landaußschusß regiment. den Sontag
darauff wurde erst bey hoff dises fest celebriret, und zwahr mit einer
Taffel Von 23 Personen, wobey ein Cammerherr dem fürsten das Trinken
gerreichet, und einer der ganzen Taffel einschenkte, abends aber wurde eine
Treffliche sérénade betitelt: l’amore dell´Issicratea, auffgeführet, wobey
die jüngst Von Wienn gekommene Sängerin besonders ihre Kunst zeigte,
Sie ist eine gebohrne Wiennerin, und Scholarin des Cajetano, dessen
art sie auch in Villen angenohmen hat, der fürst zahlet ihr ohne der prae-
sent
en 1000 f. nebst quartier, Taffel, und wagen Von hoff, die übrigen stimmen
samt der Instrumental musique waren gewiß eben hörenswürdig,
dan es bey hoff sehr Ville Virtuosen gibt, heut wird sie widerumen re-
petiret werden. die General Schönbornin, und die fräule Von schönborn
ein Tochter des fürsten gräzerischen, welche leztere der fürst unlängst zur
Abtissin hiesigen Frauenstifts ernannt hat, sind Vergangenen Mon-
Tag auff der jagd den fürsten eine Visite zu geben, gekommen, und



auff diser jagd wurden 64 hirschen, dan 9 stuck, nebst etlichen rehen
und Kälbern geschossen. der fürst hatte sehr Vill gnad für mich, redete
Vill mit mir, und alß Er sahe, das ich nicht schoss, gabe er mir seine Röhre/sein Rohr
, und muste ich Vor ihme schiessen, wo ich dan 3 hirschen, und
4 stuck, ohne der blessirten, erlegten, gestern ware auch eine dergleichen
jagd, wobey aber in allen nur 9 hirschen, und 18 stuck, nebst 2
spießhirschen gefällt worden. Von dem gefangenen la Croix wird
Ihro gnaden ohnedies schon alles bekant seyn, dises aber erst Von
Maynz durch einen domherrn überbracht, daß man ihme wegen
deren bey ihme gefundenen feuerKugeln nicht für einen Kriegs-
gefangenen, sondern alß einen Mordbrenner tractiren wird,
dan das Mordbrennen in lezten mit franckreich auch zu Kriegs-
zeit bestehenden tractat besonders ingehalten ist, das der dergleichen
Von den andern T überkommende Theil mit solchen nach eigner
Willkür zu Verfahren befugt seyn solle, welches dan jetzt mit
benanntem la Croix ad casum Kommet. das passiren deren déserteurs
hält in Würzburg noch alzeit an, wie dan Täglich zu 10, 12 und mehr
ankommen, und dises zwahr Infanteristen, cuirassiers, und Dragoner
wie auch sehr Ville hussaren, bringen auch allerhand zu Verkauffen
mit, absonderlich Von gewehr. der graff breiner hat mich durch einen
Von darauß gekommenen graff von hazfeld bald dahin zukommen ein-
laden lassen, ich item erst Vor 8 Tägen durch einen hiesigen bey der armée
gewesenen cavalier sagen lassen, das wan ich hinunter Kommen wurde, ich
Er in allen für mich sorgen wolle, auch ihme disen cavalier nach dem
wissen, das Er mich kenne, alles gezeiget und ihme in der antichambre
deß Prinzen auffgeführet. Er hat auch solches durch einen obristlieutenant
an seine frau hieher zu schreiben gebetten, welche mir gestern die dißfahls



eingeschlossene Zettel übergeben hat. der seines herum Reisens
sowohl, alß seines geschribenen buchs halber bekante Baron de
Pölniz
ist alß gesandter des Königs in Preussen gestern an
hiesigen hoff angekommen, Er ist ein grund gelehrter Mann,
der seines lebenslang Vill gesehen, vill gehöret, noch ab mehrer
aber gelesen hat, Es ist gewis eine freud ihme zu reden hören,
dan Er um alles weis und Von jeder sach einen discours zu
führen weiß und selbe zu beschreiben, bey disen allen doch ein
aventurier, und ist es eine grosse effronterie an ein orth zu
gehen, welches Er so übel beschrieben hat alß Würzburg. die 4 Re-
gimenter, alß lanthieri, lobkoviz, und Hochembs cuirassiers,
dan Kevenhüller dragons, ist stehen welche denen Russen solten
entgegen gehen, stehen schon zu Nürnberg, woselbst es der Von dem
selbe kommandierenden Prinzen Von hochenzollern hieher geschickte obrist-
Wachtmeister von K Kevenhüller
sie Verlassen hat, es ist nebst dem Prinzen
der H. feldmarschall Chauvirai, dan zwey General feldWachtmeister alß
S. aignon, und Stein dabey, sie campiren überall. das bayern die
Russen durchmarschieren ist gewiß, obwohlen ich auch gestern
einen Von München überschribenen brieff gelesen, das Er sein contigent
auch zu marchiren bereit seye. Muß nun in eill schliessen,
und mich Ihro Gnaden beyderseits die hände Kussend zu fernern hochen
Gnaden empfehlen, und ersterbe.

Euer Gnaden
Gnädigen herrn Vatters
Unterthänigster Sohn
IgnatiusGraffVonAtthembsPropria

1Zu dem ankommenden hochen geburthstag
wünsche Ihro Gnaden alles glük, nichts
mehrer Verlangend, alß das Ihro Gnaden
deren noch mehrer erleben solten.
Die Rechnung wird zukünfftigen PostTag folgen