24. Leiden, 14. 5. 1737


Ihro Gnaden
Hoch- und Wohlgebohrner Reichs Graff

Gnädiger herr herr vatter etc.

1Vorgestern habe ich dem Vom secretario auß Ihro
Gnaden
gnädigen befehl überschribenen brieff
erhalten und darauß dem nach einer Krankheit
Von etwelchen Tagen erfolgten Todesfall Ihro Gnaden
Meiner frau GrosMutter ersehen, da sie nun Von
meiner Kindheit an sehr Ville und besondere gnaden
Vor mich gezeiget hat, so ist mir solcher Verlust auch auß
der Natur selbsten wohl sehr schmerzlich und empfindlich,
da nun solchen nicht mehr abzuhelffen ist, so muß ich disen
zufahl mit gedult übertragen, und für die Seele gott
dem Allmächtigen zu bitten und anzuflehen niemahls
ermanglen.


2Anbey folget die gnädig anVerlangete Vollmacht,
Bitte Ihro Gnaden also Unterthänigst sich in gegen-
wärtiger gelegenheit Meiner anzunehmen und
hierinnen alle Richtigkeit zu pflegen, Vor welche
Vätterliche gnaden ich Ihro Gnaden lebenslang,
wie billich, Kindlich und hiemit Vnterthänigst
Verbunden seyn werde. das testamentum Nun-
cupativum wird wohl gültig seyn, weillen die
testamenta bey uns privilegiata sind, und
mithin wird sich wohl Kein dispute äusseren.
das sie es aber so lang Verschoben, Verwunderet
mich sehr. Bitte Ihro Gnaden Unterthänigst mir eine
copie dabey dauon zu überschiken. Wan der deyerlsperg
glaubet, das ich Von iure gar Kein wort Verstehe,
so Kan Er auch glauben, das ich ihme grosse obli-
gation habe, wegen der Vorsichtigkeit, so Er gebraucht,
alß Er sie ermahnet, damit sie nicht ab intestato
sterbe. der hofmeister ist würklich begriffen begriffen
den Plan über die abkürzung der Reyse zu Verfertigen,
welchen Er Ihro Gnaden nächsten Posttag einschiken



wird, Er wird Straßburg mit einen auffenthalt
Von etlichen Tägen übergehen, und auf Italien,
besonders wegen der sprach obacht haben. Anfang
des Juni gedenken wir hier aufzubrechen, bitte
also Ihro Gnaden die brieff nach Brüssel zu
adressiren. Indessen glaube Ihro Gnaden
werden Mein schreiben von 3.ten dises gnädig
empfangen haben, wo ich hochdieselbe wegen deren
Nothwendigen Kleydern Unterthänigst gebetten, welches
ich in gegenwärtigen in gebührenden respect wiederhole,
unangesehen der Trauer, so ich jetzt Tragen muß, dan es
seynd Ville höffe, wo man gar nicht schwarz erscheinen
darff, wan der hoff selbsten Kein Trauer hat, wie es
Meiner zeit einen Sächsischen cavalier Baron Boss zu
Manheim ergangen ist, deme es der hoffmarschall selbsten
gesagt: das man bey hoff um Keines particulier Trauer
wisse; worauf der Baron Boss nach selben abend abgerey-
set ist. die Leinwand betreffend, wird der hoffmeister solche gleich
sehen zu bekommen, und zu überschiken, Es ist Von
der feinsten, so man bekommen Kan, über 5 stüber
werden nicht Können erhandlet werden, ich meines
Theils glaube nicht so viel, dan auf zweimaliges



befragen um dem lezten Preiß hat Er nicht weiter
herunter wollen. Ihro Gnaden der frau Mutter Küß-
ße ich Unterthänigst die hände, Meinen lieben
geschwestert empfehle ich mich. Ihro Gnaden
aber recommendire ich Meine ganze angele-
genheit nochmahlen in Unterthänigkeit, Küsse
Ihro Gnaden die hände, und ersterbe zu Vätterlichen
Gnaden

Euer Gnaden
Meines gnädigen herrn Vatters
Unterthänigster Sohn
IgnatiusGraffVonAtthembsPropria