7. Mainz, 4. 9. 1735


Ihro Gnaden
Hoch- und Wohlgebohrner Reichs Graff

Gnädiger herr herr Vatter.

1Zweiffle nicht, es werden Ihro Gnaden beyderseits sich in hochen
wohlseyn befinden, wie wir dan auch gesund leben. berichte Ihro
Gnaden
, das den 31.ten Vorigen Monaths ein Viertelstund ober der stadt
26000 mann Unserer armée über eine eigenfleis geschlagene Brücke
den Rhein passiret sind/haben. der Marche finge des Morgens um 3
uhr an, das erste ware des Prinzen dragoner Regiment mit der ganzen
feldmusique, Trommeln, dan entdeckten Standarten, als dan kam das
Kayl. Sachsen Weymarische cuirassiers Regiment mit Trompeten,
und Pauken, dan das Philippische dragoner mit ihren Pauken,
und feldmusique. disen folgten das Amheimische, Naussanische,
und Bloslische alle drey Sächsische cuirassiers Regimenter mit
Trompeten, und Pauken, so besonders Trefflich seynd, deren officiers
pferde seynd etwas besonders, deren gemeinen aber Kostet jedes 90 Thaler,
die leute seynd auch besonders schön, man Verspricht sich von disen 3 Regi-
mentern bey einer etwan erfolgenden Action Villes gutes, sie seynd
auch ohne widerspruch die besten und halten gute ordre. Als dan Kammen
drey Sächsische Regimenter Infanterie, alß erste Garde, anderte Garde, und



Weissenfels. diese Regimenter Kamen mit fliegenden fahnen, und
Klingenden spill, gleich denen Vorigen, ihre musique ist etwas
besonders, dan die leute rechte Virtuosen seynd, sie haben anstatt
deren waldhorn Trompeten. die Infanterie gleichet der Cavallerie in
der guten ansehen. Sie machen zusamen 6000 mann aus. Nach disen
Kammen 5 Regimenter Preuss 2 Regimenter Hannoverische Cuiras-
siers, und eines Dragoner, erstere mit Trompeten, und Pauken, lez-
teres aber mit der feldmusique, und Pauken, und ihrer grenadiers
compagnie, deren hauben anstatt der bärenhäute, Von flekel, und schnüerl-
arbeit ist. dis die Hannoverische Infanterie ware nicht gleich da, so Kamme die
Preussische Infanterie, 5 Regimenter mit Ihren grenadiers compagnies, jedes
Regiment hat 10 fusiliers compagnien, die musique ist etwas Treffliches
dan sie, wie die Sächsische an statt deren waldhorn Trompeten haben, so silber
seynd. Ein Regiment darunter ist Völlig grenadiers. Ihre Hauben seynd ge-
wächtes leintuch, und Vornher mit messingnem blech beschlagen. die ganze
Infanterie ist blau, der unterschid ist an den Westen, und schlingen, dan der
grenadiers hinterhalb der farbe des Tuchs. die Sachsen haben es auch also. disen
folgten 4 Regimenter Cavallerie Dragoner, jedes zu 4 escadrons. Es hat
jedes Pauken, und die feldmusique mit Trompeten, die Pauken seynd sil-
ber, die Musicanten, und tambours haben federn auff denen hüten.
sie seynd magnifique, doch gefallen mir, und mehrern die Sachsen besser, auf
etwelchen die Hannoverische, Ihre Trommeln seynd alle sowohl Infanterie
alß Cavallerie mit messing beschlagen, der Sachsen gleichfahls. den
schlusß machten 4 Regimenter Hannoverische Infanterie, so alle roth und
mit denen farben der Galonen/Borten/Tressen unterschiden seynd, deren etwelche gelb, etwelche
weisß seynd, die Corporalen haben silber und gold, so recht magnifique
stehet, einige seynd eines ist gelb, eines weis, eines grün und das lezte schwarz
gefüttert. Sie machen recht parade, die officiers der ganzen Infanterie
waren zu fuß, mit ihren Spontons/Halbpiken, und partisans, sie Tragen alle
Ringkrägen, die Preussen keine Schärpen, die andere aber über
die achsel. habe vergessen, Vor denen Preussischen Dragoner Regimentern



Ritte ein escadron Preussische Hussarn, so eben wohl außsehen.
der marche endigte sich um 2 uhr nachmittag, der General
Sekendorff
stande am end der Brücke, bald zu fuß,
bald zu pferd, alle andere Generalität ware auch da, wie
dan auch ein grosse menge volontairs, dan domherrn und
cavaliers auß der stadt, alles zu pferd, ich ritte auch mit auff
einen pferd, so mir ein cavalier hier gabe. die dames fuhren alle
mit zügen hinaus, und hielten in nechsten dorff, wodurch
alles passiret ist. die grosse menge der gemeinen leute, so hinzuge-
laufen
, ist nicht zu beschriben, es ware aber auch etwas, so man
in Villen zeiten nicht sehen wird, dan es stieß ein Regiment an
daß andere, sie laagern ein halbe stund Von hier, wozue noch
ein jüngst angekommenes Hussarn Regiment gestossen ist, wie
auch 600 mann Von Caroli, Desossi und Spleni. Es solte auff 60000
man Verstärket werden. der obrist lentulus b empfiehlt sich Ihro
Gnaden
, er hat mir seine pferd auff alle Tag angetragen, ich
Kan schiken, wan ich will, er seye zu haus oder nicht, heut speise ich
bey ihn laager, wo ich schon offt gewesen bin, der Preussen laager
ist mit vasen außgesezet, wie ein garten. heut ist der Churfürst in
die favorita gezogen. Man sagt der alte Prinz von dessau solte die
hiesige armée comandiren, er ist zu heidelberg. das desertiren hält
an, die Hussarn bringen Täglich leute, dan sie alzeit streiffen,
sie seynd der Maynzer abgötter. der Jacob ist noch wie zuvor, Er
Thut, was ihm beliebt, wan ich nur das maul auffmache, so ist
der Strohsack Vor der Thür, und gehet das Sacramentiren an, wan
ich ihn ermahne etwas zu Thun, oder nur ein loch in einen



strumpff zu zunähen, so sagt Er, er habe seine Profession
nicht wegen mir erlehrnet, seye auch nicht zum arbeiten
mitgeschiket worden. In etlich Tagen gehen wir nach Manheim,
Keinen franzosen sihet man schon etlich weit stund weith mehr
Von hier, oppenheim ist Verlassen. Mir wachsen zwey stok-
zähn, wessentwegen ich grosse schmerzen habe. Neues Kan
ich dermahlen nichts berichten, disen augenblik Verl vernehme
ich, das 3 Kayl. Regimenter hieher Kommen solten, alß
ligne, Seher, lobkowiz. In denen linien ligt nichts alß
die wachten und ein Bataillon Von Walsiegg. hiemit
Ihro Gnaden beyderseits die hände Küsse und mich zu
Vätterlichen Gnaden in Eyl empfehle.

Euer Gnaden
Meines gnädigen herrn Vattern
Unterthänigster Sohn
IgnatiusGraffvonAtthembsPropria

P. S.

1Meinen geschwestert empfehle mich
absonderlich den franz Antonerl.
den Plan der hiesigen armeé
werde ich mit nechsten überschiken.