28. Paris, 31. 7. 1737


Ihro Gnaden
Hoch- und Wohlgebohrner Reichs Graff

Gnädiger herr herr Vatter.

1Gestern abends habe ich Paris erreichet, nachdeme ich
ganz glüklich Meine Reyse Von Brüssel hieher gemacht
habe. den 25.ten habe ich noch der Erzherzogin die hände
geküsset. Zu Mons habe ich mich einen halben Tag auf-
gehalten, dise Vestung ist Von allen Kayserlichen noch
am besten unterhalten, und allenthalben in rechten
guten stand. die Garnison bestehet auß 2 bataillons
Von Wurmbrand, und etlich escadrons Von Stinem.
Ich habe da die parade gesehen, so sehens würdig ist, es
waren 6 französische officiers da, so sich über das accurate
exercitium nicht genug Verwundern konnten. die gendarmes,



chevaux légers, und schweizer Garde Von herzog
Von lothringen
, jede auß 100 Mann bestehend,
seynd auch da, Verrichten aber Keine wache. die
gendarmes, und chevaux légers seynd lauter junge
leute, so erst angeworben worden, weswegen sie
auch noch Keine uniforme und erst seit Kurzen
pferde haben. Erstere seynd lauter Edelleute. Sonsten
seynd auch Ville lothringer da, welche par compagnie
mitgeloffen seynd. Es gibet zwischen ihnen, und
denen Burgern offt aufstösse, jüngst haben sie
einen burger stark gehauet, worauf 4 davon
abgedanket worden. Nach disen allen habe ich noch eine
Menge Kirchen gesehen. Wir passirten als dan bey
Malplaquet über dem Plaz, wo 1709 den 11.ten 7bris die blutige
bataille Vorgegangen ist. Man sihet noch die Batterien,
und andere Gemäuer/Schutthaufen. Selben abend Kammen wir auf
Quesnoy, eine französiche Vestung, dem 28.ten abends auf
Compiegne, wo der König eine magnifique résidence
anleget, so schon meistentheils fertig ist, solche wird Von
Puren quaterstuk. Er wird alle Jahr dahin Kommen,
weilen es da sehr schöne Jagden hat. Selben nachmittag
giengen wir nach Chantilly, dem Duc de Bourbon
gehörig, der umweg ware Von einer stund, wo wir sonsten



Vor hier dahin hätten müssen. Es meritiret eine
eigene Reyse, das schlosß ist etwas alt, weilen der
herzog eben angekommen, so konnten wir die
zimmer nicht sehen. der stall ist eines des Mag-
nifiquesten Stücke, so ich noch gesehen habe.
Von puren quaterstuk, gewölbet, und Von einer
Kirchen Höhe. In der mitten ist eine Rondellen,
worin eine cascade n, dahin werden die pferde
zum Trinken geführet. links und Rechts, am beyden
seiten stehen 60 pferde, mithin in allen 240. Es
seynd lauter Engelländer, und ist noch ein anderer
stall Von 100 Engelländer und 100 Normänder.
die Reitschule, um dise Engelländer es zu dressiren, ist
Rund und im form eines Amphitheater, so die alten
zu denen schauspillen gebrauchet. der garten ist groß, und
schön, es waren eben leute Von hier da, so haben die wässer
gesprungen. die Menagerie ist auch sehr wohl Versehen.
In der zeit, das der Herzog da in der Ungnad lebte, hat Er
eine porcellaine fabrique aufgerichtet, so der dreßdner
etwas bey Kommet. die waldung umher ist wegen der
durchschnitte für die Jagden sehr berühmt. Von Chantilly
nach S. Denis sihet man noch 3 andere lustschlösser,
so eben magnifique seyn solten. dem 30.ten sahen wir zu
S. Denis les tombeaux des Rois, alß die magnifique abbaye



und Endlich dem schaz; Ich finde, das sowohl
die tombeaux alß auch der schaz nichtts besonders
ist. das Closter aber sihet mehr einer résidence
gleich. Von hier Kan ich Ihro Gnaden noch
nichts berichten, dan ich noch nicht auß dem
hauß gekommen, wir logiren à l´hôtel d´Anjou,
wo für dises mahl fast lauter Teutsche seynd, Von
denen ich 4 biß 5 Kenne. Vergangenen freytag
hat man die wässer zu Marly für die fremden springen
lassen. dem 2.ten Künfftigen Monats werde die zu
versailles eben für die fremden springen. Ich werde solche
wenigstens zweimal sehen, dan am Tag Von
S. louis springen sie gewiß. Sonsten sehe ich derzeit
noch Villes Getöse, eine Menge wägen, so mir auf
die 8 Monaat, so ich zu leiden gewesen, artlich Vor-
komet, dan da habe ich in allen nicht so viele wägen
und leute gesehen alß hier in eine stunde. Nun will
ich schliessen, Ihro gnaden hände beyderseits Küssen
und mich zu Vätterlichen gnaden in Unterthänig-
keit empfehlen, der ich ersterbe

Euer Gnaden
Meines Gnädigen herrn Vatters Unterthänigst Sohn
IgnatiGraffVonAtthembsPropria

1Meinen lieben
geschwestert
, besonders
dem franz Antonerl
empfehle ich mich